Rechtsradikale Übergriffe in deutschen Städten

Anfang der 90er Jahre kam es in Deutschland zu unzähligen, oft tödlichen rassistisch motivierten Übergriffen

Nach der Wiedervereinigung von Bundesrepublik Deutschland und DDR 1990 kam es zu einem rapiden Anstieg von rassistische motivierter Gewalt. Anders als in der alten Bundesrepublik hatten die meist jugendlichen oder heranwachsenden Täter in den 90er Jahren oftmals nur lose Kontakte zur rechten Szene.

Die gesellschaftliche Rahmenbedingung zu Beginn der 90er Jahre war eine aufgeheizte Debatte um das Asylrecht, die ein Klima von rassistischer Ausgrenzung förderte. Innerhalb eines Jahres verfünffachte sich die Anzahl von rechtsextremen Gewalttaten auf knapp 1500 (1991).

Den Anfang der massiven Übergriffe machten pogromartige Ausschreitungen in Hoyerswerda im September 1991. Wie in Rostock im August 1992 kam es zu tagelangen kollektiven Attacken auf ausländische Arbeitnehmer und Flüchtlinge. Unter dem Beifall der Umstehenden wurden Steine und Brandsätze auf Flüchtlingsheime geworfen. Verantwortliche in Politik und Polizei reagierten erst – wenn überhaupt – mit großer zeitlicher Verzögerung.

Darüber hinaus verübten rassistisch motivierte Täter zahlreiche Brandanschläge gegen von Ausländern bewohnte Häuser und Flüchtlingsheime. In Mölln kamen im November 1992 drei Türkinnen in den Flammen ums Leben. In Solingen starben im Mai 1993 drei Mädchen und zwei junge Frauen. Weitere Anschläge und Übergriffe in den U-Bahnen, auf der Straße und gegen bewohnte Häuser kostete zahlreichen Migranten, Obdachlosen und Flüchtlingen das Leben.

Die deutsche Öffentlichkeit reagierte größtenteils mit Entsetzen auf die Anschläge. Mit Massenkundgebungen und Verbotsverfahren wurde versucht, den ausgebrochenen Nationalismus und Rassismus einzudämmen. Die Täter wurden jedoch lange Zeit nur niedrig bestraft; in Rostock dauerte es fast zehn Jahre, bis das Hauptverfahren gegen die Täter überhaupt eröffnet wurde.

Christoph Butterwegge: Rechtsextremismus, S. 74-83