Antifaschule

An den Antifaschulen fand die politische Schulung und Umerziehung deutscher Kriegsgefangener in der Sowjetunion statt.

Die Koordination und Kontrolle der politischen Schulung erfolgte durch das Zentralkomitee (ZK) der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und die GlavPURKKA, der politischen Hauptverwaltung der Roten Armee. Mit der Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad im Februar 1943 gerieten zehntausende deutsche Soldaten in Gefangenschaft und die Propagandaarbeit der Sowjetunion unter den Kriegsgefangenen gewann an Umfang und Bedeutung.

Die erste Antifaschule wurde im April 1942 im Kriegsgefangenenlager in Krasnogorsk gegründet. Im Hinblick auf ihre Rolle im zukünftigen Deutschland sollten Kriegsgefangene geschult und für den Sozialismus gewonnen werden. Die Lehrgänge an einer Antifaschule dauerten drei bis vier Monate und bestanden aus Vorlesungen und Seminaren sowie vorzubereitenden Hausaufgaben. Inhaltlich wurden unter anderem Grundlagen des Sozialismus, „Die Entlarvung des deutschen Faschismus“ und allgemeine Staats- und Gesellschaftslehre unterrichtet.

Die Grundidee der Antifaschule war, Deutsche für die Arbeit mit Deutschen einzusetzen. Aus Deutschland geflohene KPD-Funktionäre wie beispielsweise Walter Ulbricht oder Wilhelm Pieck lehrten an der Antifaschule in Krasnogorsk. Es wurden aber auch Absolventen der Antifaschulen als Dozenten eingesetzt. Um Kandidaten für die Lehrgänge auszumachen, wurden Neugefangene nach ihrer sozialen und politischen Herkunft befragt und bei ersten Schulungsveranstaltungen getestet. Antifaschist war, wer sich als Feind des NS und Hitlers zeigte, den Aufbau eines demokratischen Deutschlands anstrebte und die Politik der Sowjetunion unterstützte. Mit der Aussicht auf Zusatzverpflegung, Befreiung von körperlicher Arbeit und vorzeitige Entlassung aus der Gefangenschaft wurde um Mitarbeit geworben. Bewährte Antifaschisten konnten aber wegen „dringender Aufgaben“ von der vorzeitigen Heimkehr ausgeschlossen werden.

Die Absolventen der Antifaschulen wurden für die Propaganda eingesetzt, indem sie beispielsweise bei Veranstaltungen in Kriegsgefangenenlagern auftraten oder Flugblätter für die deutschen Soldaten an der Front entwarfen. Nach Kriegsende erhielten viele einen Posten im sowjetischen Besatzungsgebiet. Nur ein geringer Teil der geschulten Aktivisten, die nach Westdeutschland zurückkehrten, engagierte sich weiterhin politisch und trat in die KPD ein.
Bis 1945 wurden etwa 10.000 Antifaschisten ausgebildet, was anteilig an den Millionen von Kriegsgefangenen eine geringe Zahl ist.

Haus der Geschichte der BRD (Hrsg.): Kriegsgefangene. Sowjetische Kriegsgefangene in Deutschland, deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion. Begleitbuch zur Ausstellung im Haus der Geschichte, Bonn (01.06.-24.09.1995). Düsseldorf 1995
Hilger, Andreas: Deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion 1941-1956. Kriegsgefangenenpolitik, Lageralltag und Erinnerung. Essen 2000